Grundsätze zur Pflege- und Entwicklungskonzept für Kleingewässer

Leitlinien für die Pflege und das Entwicklungskonzept von Kleingewässern

Grundlage für dieses Konzept ist das „Landschaftspflegekonzept Bayern – Band II.7; Lebensraumtyp Teich“. Dort ist das Thema ausführlich behandelt. Die Inhalte dieses Konzeptes sind Grundlage dieser Ausführungen.

Ziele für die Anlage und Pflege der Wald-Kleingewässern

Waldbau mit rein forstwirtschaftlichen Zielen ist aus naturschutzfachlicher Sicht im Umfeld der Wald-Kleingewässer nicht akzeptabel. Gefordert sind standortgerechte Mischbestände, mit dem Ziel urwaldartige Feuchtwaldinseln zu entwickeln.Diese sind z.B. für Amphibien ideale Lebensräume. Oft ist nicht der Laichplatz das limitierende Element für Amphibienpopulationen, sondern Wald-Kleingewässer in verarmten Landlebensräumen. Im Gewässerumfeld ist eine naturnahe Bestockung gefragt, mit dem Ziel eines Feuchtwaldes. Infrage kommende Baumarten sind Esche, Weiden, Pappeln, Roterlen und Traubenkirschen (außer der frühblühenden!). Die empfindlicheren Baum- und Straucharten können nach einigen Jahren unterm Schirm der raschwüchsigen Erlen- und Weiden-Pioniergesellschaft gepflanzt werden. Geschlossener Wald ist nur auf der Nordseite wünschenswert. Die anderen Ufer sind weitgehend gehölzfrei zu halten. Hier kommen höchstens Bepflanzungen mit gruppenweise niedrig bleibender Sträucher infrage. Z.B. Faulbaum, Haselnuss, Schneeball, Hartriegel, Weißdorn, Pfaffenhütchen und Brombeere. Der Insektenreichtum dieses Uferbewuchses kommt der Lebensgemeinschaft des Biotopes zugute. Störende und erntereife Bäume werden einzeln oder gruppenweise sorgfältig im Spätwinter geerntet.

Grundsätze

Allgemeine Grundsätze

  • Schutz von Kleingewässern. Kleingewässer sind für viele Tierarten existentiell unverzichtbar. Sie sind unbedingt zu schützen und vor Beeinträchtigungen zu bewahren. Weitere Verluste dieser Gewässer sind nicht vertretbar.
  • Erhalt vor Neuanlage. Der verbliebene Kleingewässerbestand ist zu erhalten. Vermeidbare Schädigungen sind rückgängig zu machen (z.B. sind Müll, Schutt etc. zu beseitigen). Alte Kleingewässer enthalten vergleichsweise mehr seltene Arten als Neuanlagen, die bevorzugt von Allerweltsarten besiedelt werden.
  • Kleingewässerschutz in den Köpfen der Bevölkerung verankern. Die Bevölkerung muss aufklärt und aktiviert werden. Der Schutz und die Pflege von Kleingewässern sind erst dann dauerhaft gewährleistet, wenn sich die Bevölkerung mit ihren Kleingewässern identifiziert.
  • Kein Fischbesatz in Kleingewässer. Selbst mit den sogenannten Friedfischen, wirken sich der Fischbesatz sehr negativ auf andere Gewässermitbewohner aus .

Grundsätze zur Pflege

  • Die Pflege und Entwicklung von Kleingewässern standardisieren und planmäßig durchführen. Ohne Planung und einen Verantwortungsträger wird die Zahl der Kleingewässer weiter abnehmen. Neuanlagen werden ohne Rücksicht auf Vernetzungsnotwendigkeiten nur auf „Restzwickel“ beschränkt bleiben. Kleingewässer sind planmäßig zu sichern, zu pflegen und zu entwickeln. Verantwortung und Kontrolle obliegen dabei der unteren Naturschutzbehörde. Organisation, Umsetzung und Betreuung können delegiert werden. Besonders die ephemeren (kurzzeitig existierenden) Kleingewässer sind hochdynamische Systeme, die ständiger Pflegeeingriffe bedürfen.
  • Möglichst viele Gruppen ins Boot holen. Besitzer, Pächter, Teichbewirtschafter, Nutzer, Jäger, Landwirte, örtliche Naturschutzgruppen und sonstige Beteiligte soweit wie möglich in den Pflege- und Entwicklungsprozess miteinbeziehen. Tümpel werden heute vielfach noch als wertloses Land betrachtet. Aufklärung und Schaffung von Verantwortungsgefühl ist notwendig.
  • Besondere Berücksichtigung auf seltene und wichtige Arten nehmen. Dies sind u.a. Arten, für die Deutschland eine alleinige oder erhebliche Verantwortung trägt. Um solche hochseltenen Arten zu erhalten, sind bestehende Nachweise planerisch umzusetzen und Kleingewässer in der Umgebung auf weitere Vorkommen zu untersuchen. Fehlen brauchbare Daten über die Pflanzen- und Tierwelt der Kleingewässer, sind Ersterhebungen durchzuführen.
  • Staatliche und kommunale Gewässer vorrangig für den Artenschutz nutzen. Kommunen und Forstverwaltung haben Vorbildfunktion. Kleingewässer im Bundes-, Landes- oder Kommunalbesitz sind bevorzugt auch nach den Erfordernissen des Naturschutzes zu bewirtschaften.
  • Für wertvolle Kleingewässer individuelle Gewässerpflegepläne aufstellen. Art, Umfang und Zeitpunkt von Pflegemaßnahmen müssen sich strikt an den Bedürfnissen der Arten und Lebensgemeinschaften orientieren, die man erhalten möchte oder für die Lebensraum geschaffen werden soll.
  • Bei vom Menschen geschaffene Kleingewässern und Teichen sind ausbaggern und entschlammen vertretbar. Dieser Grundsatz ist insbesonders wichtig zur Sicherung der kulturhistorisch bedeutsamen Kleinweiher.
  • Räumung nicht auf Kosten wertvoller Sumpfbiozönosen (Sumpflebensgemeinschaften). Seltene Uferpflanzenbestände stellen einen eigenen Wert für sich dar und sind grundsätzlich bei Entlandungsmaßnahmen auszunehmen. Gegebenenfalls sind Flachwasserzonen wiederherzustellen. Pflegeeingriffe wie Entlandungen sollten nur mit Zustimmung der Unteren Naturschutzbehörde durchgeführt werden. Sie sind sorgsam durchzuführen.
  • Benachbarte Kleingewässern oder Kleinweiherkomplexe nicht gleichzeitig entlanden. Auf diese Weise sollen unterschiedliche Sukzessionsstadien (Entwicklungsstadien) erreicht werden.
  • Keine Pflegeeingriffe während der Brutzeit der Vögel. Dadurch sollen Gelegeverluste vermieden werden.
  • Keine Maßnahme während der Winterzeit. Hierdurch können Tiere in ihren Winterverstecken beeinträchtigt werden.

Grundsätze zur Pufferung und Erweiterung

  •  Funktionierende Pufferzonen sind an Kleingewässern wegen ihrer mangelnden Selbstreinigung  wichtig. Die Pufferzone ist umfeldspezifisch zu bemessen und ihrer Funktionszuweisung gemäß zu bewirtschaften.
  •  Die Pufferzone nicht nur als Schutzzone betrachten, sondern als ergänzenden und eigenen Lebensraum entwickeln.
    Gerade Amphibien brauchen einen intakten Landlebensraum. Die Umgebung der Kleingewässer gehört genauso zum Biotopkomplex. Eine als Brache genutzte Pufferzone ist kein „Öd- und Unland“, sondern übernimmt wichtige landschaftsökologische Funktionen (Wasserhaushalt, Räuber-Beute-Beziehungen, Teillebensraum). Von Neuanlagen ohne Pufferzone ist abzusehen. Im Idealfall soll eine neugeschaffene Pufferzone auch aus der Produktion genommen werden (keine land- oder fostwirtschaftliche Nutzung).
  • Im Einzugsbereich des Kleingewässers keine Dränierung oder Grundwasserabsenkung vornehmen. Generell sind alle Maßnahmen, die den Wasserhaushalt eines Kleingewässers stören können, zu verhindern oder rückgängig zu machen. Andernfalls wird der Kleingewässer-Lebensgemeinschaft ihre Grundlage, das Wasser, entzogen.
  • Acker- und Wiesendrainagen, Abwässer, Jauche etc. nicht einleiten. Nur so kann einer schleichenden Überdüngung entgegengewirkt werden.

Grundsätze zur Entwicklung

  • Die Verluste der Vergangenheit durch Wiederherstellung und Neuanlagen ausgleichen. Das gilt hinsichtlich Quantität und Qualität.
  • Kleingewässer-Entwicklung ist eine Vernetzungsaufgabe.
    Kleingewässer sind nicht nur als Lebensraum für reine Wassertiere zu verstehen, sondern als integraler Landschaftsbestandteil. Als solche müssen sie in einen umfassenden Landschaftsschutz (Naturhaushalt und Landschaftsbild) und regionalisierte Naturschutzkonzeptionen eingebunden werden. „Kleingewässerschutz erscheint überhaupt dann ökologisch sinnvoll, wenn er eingebettet ist in großflächigen Biotop- und Landschaftsschutz, z.B. in die großflächige Sicherung feuchter Wiesen und Weiden, in den Schutz eines vernetzten Heckensystems, in den Schutz von Waldgesellschaften. Bei der Anlage neuer Kleingewässer ist daher stets die Umgebung mit in die Planung einzubeziehen.
  • Kleingewässer-Entwicklung sollte nach Möglichkeit immer in Gruppen und nach einem überörtlichen Konzept erfolgen.
    Um stabile Populationen zu erhalten, die sich auch austauschen können, sollten Kleingewässer in Gruppen angelegt werden.
  • Sanierung und Wiederherstellung bedeuten bei natürlich entstandenen Kleingewässern Neuanlage in der unmittlelbaren Umgebung. Dieser Grundsatz bezieht sich auf alle natürlich entstandenen Kleingewässer unabhängig von der Wertigkeit der floristischen und faunistischen Ausstattung .
  • Bei Kleingewässer-Mangel und ausgeräumten, intensiv genutzten Agrarlandschaften kann die Kleingewässer-Entwicklung mehr oder minder flächenhaft schematisch erfolgen.  Hinweise für die Standortwahl können dabei alte Flurkarten liefern, auf denen noch der frühere Bestand eingetragen ist. Sog. Trittstein-Kleingewässer sind zur Aufhebung der Isolation anzulegen.
  • In naturnahen Kulturlandschaften mit noch guter Kleingewässer- und Biotop-Ausstattung vordringlich Ersatz für verlandende Kleingewässer schaffen. Um die Gesamtzahl an Kleingewässern in einem Gebiet gleich zu halten, sollten diese Ersatz-Kleingewässer maximal 400 m vom zu ersetzenden alten Biotop entfernt sein.
  • In Fluß- und Bachauen, deren Altarme nahezu vollständig vernichtet wurden, fluß-/bachbegleitend neue Kleingewässer anlegen. Dadurch sollen die ursprüngliche Kleingewässerdichte und Biotop-Vielfalt wiederhergestellt werden. Die Distanzen zwischen diesen Kleingewässern sollten ebenfalls 400 m nicht überschreiten. Diese „Altwasser-Ketten“ bilden das Rückgrat des Kleingewässernetzes.
  • Durch die Neuanlage von Kleingewässer keine wertvollen Biotopflächen beeinträchtigen oder gar zerstören. Maßnahmen auf geschützten Biotopflächen unterliegen dem Erlaubnisvorbehalt. Neuanlage von Kleingewässern auf aus der landwirtschaftlichen Produktion genommenen Flächen (Ackerflächen oder Binsenweiden) in unmittelbarer Nachbarschaft zu naturnahen Bereichen (z.B. Brachflächen oder Wald). Wichtige Hinweise für den genauen Standort liefern Wasserpfützen in Äckern meist verbunden mit Ertragseinbußen. An diesen Ackerlachen, die besonders gut im zeitigen Frühjahr nach ausgiebigen Regenfällen zu beobachten sind, kann man sich mit der Neuanlage orientieren.
  • Besonderer Bedarf besteht an nährstoffarmen Kleingewässern, nur periodisch wasserführenden Tümpeln (ephemere Kleingewässer) und Kleingewässern allgemein in ausgeräumten Agrarlandschaften.
  • In Neuanlagen grundsätzlich keine Pflanzen einbringen und keine Tiere einsetzen.
  • Bei der Neuanlage speziell landschaftstypischer Kleingewässer nicht an „Normgewässern“ orientieren, sondern an regionalen Vorbildern. Es ist zu schauen, welche besonderen Strukturen Kleingewässer in der Gegend aufweisen und nach diesen Regionaltypen zu bauen.
  • Insbesondere, wenn staatliche Mittel geflossen sind, ist eine Erfolgskontrolle zu etablieren. Das bedeutet, dass nach ca. 5 Jahren zu untersuchen ist, ob die konkreten Ziele der Neuanlage/Restitution/Pflege erreicht wurden. Der Zielerfüllungsgrad (Etablierung bzw. Ausbildung der Biozönosen) ist zu dokumentieren und der Fachwelt mitzuteilen. Eine wissenschaftliche Effizienzkontrolle dient auch dazu, um sicherzustellen, dass die künftigen Mittel nach dem bestmöglichen Kenntnisstand optimal eingesetzt werden. Für diese Aufgabe sind spezielle Finanzmittel bereitzustellen.

Allgemeine Empfehlungen

  • Es gibt nicht das Wald-Kleingewässer, sondern eine ganze Reihe von Kleingewässertypen, die möglichst alle in den Wäldern vertreten sein sollten. Große und kleine, das Jahr über wasserführende (Überwinterungsteiche) und periodisch trockenfallende (für hochangepasste Tümpelarten, die die Austrocknen im Entwicklungszyklus brauchen),  Gebraucht werden sowohl große Weiher, als auch kleine Himmelsteiche.
  • Die Entwicklung der Wald-Kleingewässer muss normiert, nach festen Regeln planmäßig und kontinuierlich durchgeführt werden. Verantwortung und Kontrolle obliegen dabei der Unteren Naturschutzbehörde, aber Organisation, Umsetzung und Betreuung können zweckmäßigerweise delegiert werden.
  • Auf Schlüsselarten Rücksicht nehmen.Sollen Populationen bekannter Vorkommen gestützt und entwickelt werden, so sind die Neuanlagen speziell nach den Habitatansprüchen dieser Arten zu bauen.
  • In Neuanlagen sollten grundsätzlich keine Pflanzen eingebracht, und Tiere eingesetzt werden.
  • Bei der Neuanlage spezieller landschaftstypischer Kleingewässer darf man sich nicht an „Normgewässern“ orientieren, sondern an regionalen Vorbildern. Vorbilder sollten die Strukturen der Kleingewässer in der Gegend sein. Eine unnatürliche Kombination verschiedenartigster Elemente, um eine möglichst artenreiche Biozönose zu erzielen, ist kontraproduktiv. Hiermit würde nur eine ganz bestimmte Artengarnitur gefördert (meist häufige Amphibien- und Libellenarten).
  • Vor jeder Maßnahme muss eine klare Festlegung des Planungsziels erfolgen. Amphibienlaichgewässer, Libellenhabitat oder ähnliches.
  • Neuanlagen sind nötig, aber nicht überall und um jeden Preis. Aufwand und Erfolg sollen in einem vernünftigen Verhältnis stehen.
  • Kleingewässer lassen sich nur unzureichend auf dem Zeichenbrett planen. Es besonders wichtig, beim Bau vor Ort dabei zu sein, um auf Geländegegebenheiten reagieren zu können (z.B. Kleinrelief, besondere Bodenverhältnisse, die erst beim Baggern zutage treten etc.).

AgFA